Jil Sander (73) findet Schulterpolster inzwischen furchtbar.
Die Modeschöpferin ist seit einem halben Jahrhundert in der Industrie beschäftigt und hat sich zu einer regelrechten Ikone entwickelt, die die Mode des ausgehenden 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt hat. Dabei ist sie immer mit der Zeit gegangen und hat bereits bestehende Trends auch abgebildet, wie sie im Gespräch mit der ‚FAZ‘ erklärte: „Natürlich spiegelt das Design die Trends wider. Jede Kollektion ist ein Reflex des Augenblicks.“
Dazu gehörte auch, in den 80er-Jahren Entwürfe mit Schulterpolstern herauszubringen, die in jenem Jahrzehnt der große Schrei waren, heute aber eher belächelt werden – sogar von Jil selbst: „Das ist der einzige Fall, in dem ich es bedauere, auf einen Trend reagiert zu haben. Die Schultern wurden immer breiter. Aber ich bin noch ganz gut damit umgegangen, sie waren ja auch ein Aspekt der Emanzipation. Gleichberechtigung, Kraft und Haltung sind gut. Daher passten die Schultern. Man muss alles vor dem Hintergrund seiner Zeit sehen.“
Dass nicht nur das Modebusiness eine stete Entwicklung durchmache, sondern auch ihr eigenes Leben in vielerlei Hinsicht, hatte sie bereits gegenüber dem ‚Wall Street Journal‘ erklärt: „Meine Geschichte fühlt sich eher wie eine Reise an, die von da oben aus [sie deutet gen Himmel] gesteuert wurde. So sollte es einfach sein. Wir lernen, dass wir nicht zurückkehren und nichts wiederholen sollen, damit wir in die Zukunft blicken können. Aber in diesem Fall ist das vielleicht eine Ausnahme.“
Wohin die Reise von Jil Sander noch geht, wird sich zeigen. Derzeit bereitet sie in Frankfurt eine große Ausstellung über ihr Werk und Wirken vor.