Bild von Lars Eidinger

DE German Stars – Lars Eidinger (44) sind Kontroversen nicht fremd. Als der Schauspieler (‚Persischstunden‘) Anfang des Jahres mit einer an Alditüten angelehnten Designertasche für 550 Euro vor einer Obdachlosenunterkunft posierte, eckte er bei vielen an.

„Künstlerisch fatal“

Dennoch ist sein Leben nicht unbedingt auf Konfrontation ausgelegt, denn auch Lars hat Angst vor einem Shitstorm, wie er in einem Interview mit der ‚Neuen Osnabrücker Zeitung‘ bestätigt: „Die Angst ist natürlich fatal, auch künstlerisch. Als ich mit Meryl Streep in der Berlinale-Jury war, hat sie gesagt: Du kannst deine Glaubwürdigkeit mit einem Satz zerstören. Das ist bitter. Meryl Streep wirkt so unangreifbar; ihr wird so viel Liebe entgegengebracht. Ich möchte in keiner Gesellschaft leben, die mich für einen einzigen Satz verurteilt. Ich wünsche mir eine Kultur des Scheiterns. Aber wer Fehler macht, wird bestraft.“ Das berühmte Foto mit der Designertasche war keinesfalls als Spott gegenüber Obdachlosen gedacht: „Ich finde Hochglanzwerbung, die Armut ausklammert, wesentlich zynischer. Genauso wie Produkte zu tragen und auszublenden, wer sie zusammennäht.“

Moralische Überlegenheit bereitet Lars Eidinger Probleme

Die zurzeit herrschende Diskussionskultur bereitet Lars Eidinger denn auch Bauchschmerzen: „Überall ploppen im Moment wahnsinnig komplexe Debatten auf, aber nur in den seltensten Fällen gibt es den Raum, sich dazu in aller Komplexität zu äußern.“ Eines ärgert ihn dabei besonders: „Und dann sind die Debatten so moralisch. Das wundert mich am meisten – wie viele bereit sind, sich moralisch über andere zu erheben. Schon weil das voraussetzt, dass es überhaupt Gut und Böse gibt. Nicht mal daran glaube ich.“

Lars Eidinger wurde kritisiert, nachdem er in ‚Richard III.‘ auf der Bühne einen Behinderten spielte, ohne selbst behindert zu sein. „Wo ist da die Grenze? Wenn ich jemanden spiele, der traurig ist, und es selbst gar nicht bin – erhebe ich mich dann nicht über alle, die wirklich traurig sind?“ Langfristig sieht Lars Eidinger Probleme bei diesen Debatten: „Der Raum wird wahnsinnig eng. Und das empfinde ich als Bedrohung. Deshalb bin ich auch so alarmiert, wenn Meryl Streep um ihre Glaubwürdigkeit besorgt ist. Die Kunst muss frei sein. Wenn man sich moralisch einschränken lässt, wenn einem immerzu Böses unterstellt wird, dann werden wir über kurz oder lang verstummen.“